Agave by Ebner-Eschenbach Marie von

Agave by Ebner-Eschenbach Marie von

Autor:Ebner-Eschenbach, Marie von
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T00:00:00+00:00


Wonne und Wohltat wäre es für Antonio gewesen, wenn ihm Masaccio zugleich mit der Botschaft, die er ihm brachte, sein Todesurteil verkündigt hätte. Er tobte und raste, er wühlte sich in seinen Schmerz hinein.

»Ich habe alles für sie hingegeben und hingenommen«, schrie er. »Ich habe, um Spielzeug für ihre Eitelkeit herbeizuschaffen, meine Kunst entwürdigt ... Ich habe den letzten Segen meiner Mutter versäumt, den Fluch des Vaters auf mich geladen -um sie!... Ich habe sie teuer erkauft, sie gehört mir. Ich gebe sie keinem anderen. Eher töte ich sie.«

»Das kannst du tun, und das täte wohl auch der erste beste Popolano. Ich dachte, du wolltest mehr als der erste beste, du wolltest überhaupt das Höchste sein, was ein Mensch sein kann: ein Künstler.« Es lohte auf in seinen Augen, als er das Wort in weihevollem Tone sprach. »Wer ist aber noch je das Höchste geworden, ohne das Schwerste gelitten zu haben?«

Fiebernd vor Ungeduld hatte sein Jünger ihm zugehört: »Und weil Qualen zur Meisterschaft reifen, soll ich ihr wohl noch danken, die mir Qualen bereitet?« Er brach in ein Gelächter aus, so furchtbar und wild, daß Masaccio ihm entsetzt zurief: »Unglücklicher! Weine, heule, tobe – aber lache nicht!«

»Ich muß lachen«, erwiderte der Jüngling, und dabei hob ein krampfhaftes Schluchzen seine Brust. »Es ist allzu komisch und allzu dumm!... Sie begeht ein Verbrechen an mir, macht mich unselig – um selbst unselig zu werden. Mißhandeln wird sie dieser Montanini, wenn er ihrer satt geworden. Und das wird bald sein. Die Leidenschaft eines Zärtlings verraucht schnell. Jetzt schon – ich habe es bemerkt – will ihm manches, das sie tut oder sagt, nicht gefallen. Sie ist ein armes Dorfkind und aufgewachsen unter ihresgleichen; er ist ein seidenes, verwöhntes Herrchen. Jetzt freilich fliegt das Mißfallen nur an ihm vorüber, er gibt sich davon kaum Rechenschaft, liegt bald wieder auf den Knien und lechzt nach einem Wort aus ihrem Munde und stellt sich vor, wie das wäre, wenn dieser süße Mund den seinen küssen würde ... Aber dann ...« Er stieß einen markerschütternden Schrei aus. »O die himmlische, die vermaledeite Schönheit, die er für unsterblich hält!«

»Jeder Verliebte hält den Augenblick für die Ewigkeit«, sprach Masaccio, »und ein Verliebter bist auch du.«

»Ja, ja!« versetzte Antonio, »aber einer, bei dem die Liebe die Verliebtheit überdauert hätte. Ihre Schönheit war es, die mich zuerst bezwang, und dann allmählich war es ihr ganzes Wesen. Sie war's mit all ihrem Guten und Unguten, ihren Vorzügen und Fehlern. Und wenn eine Krankheit oder das Alter sie entstellt hätten, ich hätte sie immer gleich geliebt. Er aber – heute würde er sich von ihr wenden, wenn er sie sehen könnte, wie sie sein wird in zehn, in zwanzig Jahren ... Herrgott im Himmel!« brach er plötzlich aus, »tu ein Wunder!... Zeige sie ihm, beraubt von dem Glanz ihrer Jugend und ihrer Schönheit. Zeige sie ihm, wie sie in Jahren sein wird, bei ihm geworden, an den sie sich verkauft hat ...« Er stockte, trat einen Schritt zurück und stand wie gelähmt mit



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